top of page
  • simonmitterbauer

Wie behindert ist das denn?


Warnung: Explicit Lyrics!
Bestimmte Formulierungen sind absichtlich verwendet um die Sprache „da draußen“ zu spiegeln. Sie sind sicher nicht politisch korrekt, was in diesem Zusammenhang als Stilmittel und im Sinne künstlerischer Freiheit verstanden werden soll.




Gestern hab ich einen Link geteilt. Den hier.


Das geht’s um zwei Menschen, die am Opernball debütieren. Ich hab den Link geliked und geteilt und ebenfalls mit dem Hashtag „Inklusion“ versehen. So weit so gut. Und dann kam Zorn. Wut. Grant. Ein lautes NEIN. Ein frustriertes „Des is doch voi verkehrt“. Das ist doch keine Inklusion. Das ist Schmuck. Ego-Bashing. Konzept-Erfüllung. Inklusion wird sein, wenn wir solche Zeitungsartikel nicht mehr brauchen. Bis wir soweit sind, braucht es Vereine wie den im Artikel erwähnten Verein „Ich bin O.K.“, deren Arbeit ich für unentbehrlich halte.


Sie sind also salonfähig geworden, diese Behinderten.



Herzeigbar. Man schmückt sich mit Ihnen und beweist Weltoffenheit, Größe, untermauert seine Konzepte, ohne die es heutzutage gerade in öffentlich begutachteten und beäugten Sphären nicht mehr geht. Es gehört heute zum guten Ton sich für die armen, armen Menschen zu engagieren, die uns doch so sehr brauchen (Achtung Sarkasmus). Nennen wir es das „Licht ins Dunkel Syndrom“ (Um Missverständnissen vorzubeugen: Licht ins Dunkel is supa! Die fördern unter anderem den Verein „Ich bin O.K.“! Ich spreche vom „Licht ins Dunkel Syndrom“)


Ich hadere immer wieder selbst mit mir, ob ich der – ganz sicher gut gemeinten – Intention folgen soll und Beiträge wie den erwähnten auf Social Media teilen soll. Weil es auch die Kehrseite der Medaille gibt. Weil ich denke dass Inklusion erst dann erreicht ist, wenn der Hinweis nicht mehr notwendig ist. Deshalb sind wir weiterhin ganz weit weg von Inklusion.


Es gehört heute zum guten Ton sich für die armen, armen Menschen zu engagieren, die uns doch so sehr brauchen. Von Respekt auf Augenhöhe meilenweit entfernt. Keiner kann alles. Aber jeder kann was. Und wenn ich mir die beiden Menschen im Artikel anschau, dann scheinen die ihr Leben aktiv und voller Lebensfreude zu bestreiten.


„Seit 2014 macht sie Assistenz- und Bürotätigkeiten in diversen (kulturellen) Einrichtungen, seit 2022 ist sie bei „Ich bin O.K.“ Social-Media-Assistentin und macht bei der TV-Sendung „Na (ja) genau“ den Videoschnitt. Sie fotografiert und filmt gerne und tanzt seit 2010 bei „Ich bin O.K.“ mit. Nach einer Pause besucht sie seit 2019 wieder die O.K.-Tanzkurse, seit 2022 die Intensivklasse, aus der die Company-Produktionen besetzt werden.“ (Link)

Ganz ehrlich - da kenn ich aber ganz, ganz viele angeblich nicht behinderte Menschen, die weniger schaffen und weniger zu einer gelingenden, konstruktiven, gelingenden Welt beitragen.



Oder formulieren wir es mal anders: Wieso werden die ganzen anderen Behinderten nicht hergezeigt und bekommen einen Artikel auf Social Media? Die wohlstandsverwahrlosten Debütant:innen? Die Debütant:innen die sich als wertvollere Menschen fühlen, weil ihnen ihre Eltern die Wiege mit Geld vollgesch… haben? Debütant:innen mit allerlei aufkeimenden psychischen Krankheiten wie zum Beispiel Narzissmus, weil – eh schon wissen – vollgesch… Wiege und so? Angehende Psychopathen oder Psychotherapeut:innen und wo ist die Grenze? Fragen über Fragen. Der Fairness halber will ich auch an dieser Stelle sagen, dass ich viele Teilnehmer:innen sogenannter höher gestellter Gesellschaftsschichten kenne, die wirkliche Koryphäen unserer Menschheit sind und ihr allerbestes geben. Aber halt auch jene hochgestellten, die mir erklären wollen, dass die Klimakrise eine Lüge ist. Wie gesagt. Behinderung kennt keine Gesellschaftsschichten.



Zurück zum Down Syndrom. Ich denke manchmal Menschen mit Trisomie 21 sind in vielerlei Hinsicht gesünder. Ehrlicher zum Beispiel. Ticken ganz anders. Und jetzt frage ich Euch: Was braucht es denn in einer Welt wie dieser mehr denn je als Menschen die anders ticken und die Dinge mal anders angehen?


Eben.


Apropos: Falls wer einen Fimtipp, braucht - Dodge this: Peanut Butter Falcon

Da sind die Grenzen zwischen "Behindert" und "nicht" auch mehr als fließend.


Erst wenn wir von unserem hohen Ross der Gönnerhaftigkeit herabsteigen und erkennen in welch behinderter Welt wir alle miteinander leben… und das jeder etwas kann… erst dann…


Ich will an dieser Stelle nochmal gaaaanz vorsichtig fragen: Sind wir nicht alle behindert? (Ich bitte all jene um Entschuldigung die an wirklich heftigen Krankheiten und Beeinträchtigungen leiden und deren Situation hier nicht verharmlost werden soll. Hier soll Augenhöhe hergestellt werden.)


  • Eine Gesellschaft, die Narzissten systematisch in die höchsten Positionen hieft (Nachzulesen bei Hans Joachim Maaz) – wie behindert ist das denn?

  • Menschen die sich nicht entschuldigen können – wie behindert ist das denn?

  • Männer die keine Gefühle haben dürfen? – wie behindert ist das denn?

  • Frauen die für gleiche Leistung weniger Geld bekommen? – wie behindert ist das denn?

  • Unser Schulsystem – wie behindert ist das denn?

  • Führungskräfte denen ihr Ego wichtiger ist als ihre Aufgabe – wie behindert ist das denn?

  • Eltern die ihre Kinder als Besitz ansehen – und den darf man schlagen – wie behindert ist das denn?

  • Menschen die lieber Therapeut:innen werden statt ihre eigenen Themen zu lösen – wie behindert ist das denn?

  • Dschungelcamp, TWM, Tinder Reisen und sonstigen Doku Schrott anschaun – wie behindert ist das denn? (Und ja die Sendungen kenn ich weil ich sie gesehen habe ;))

  • Unser Umgang mit Tieren – wie behindert ist das denn?

  • Sein Leben verplempern – wie behindert ist das denn?


Ziemlich behindert das Ganze, oder ;)


Keiner kann alles. Jeder kann was. Packen wir es an. Gemeinsam statt einsam!






Fotoquellen, abgerufen 07.02. udn 08.02. 2023, in chronologischer Reihenfolge:

https://www.tagesspiegel.de/kultur/eine-moderne-mark-twain-geschichte-um-einem-helden-mit-down-syndrom-4129066.html

https://www.spiegel.de/ausland/boris-johnson-sucht-nach-donald-trumps-abwahl-einen-neuen-freund-a-0c8c2db5-c7aa-4f89-a3e4-4f6feb07f598

https://www.vienna.at/der-opernball-2020-in-zahlen/6526379

https://tu-dresden.de/mn/psychologie/ikpp/klipsy/die-professur/news/neue-veroeffentlichungen-zu-narzissmus





78 Ansichten

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Schockdown

zrinsda

bottom of page